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Mikrofonabnahme einer Gitarrenbox

Hier folgt jetzt ein sehr subjektives Rezept, wie ich persönlich meine Gitarrenbox bei Aufnahmen abgenommen habe, und bei der ich mit den Resultaten sehr zufrieden war.
Hier geht es darum, wie ein Gitarrenlautsprecher abgenommen und aufgenommen wird. Grundsätzlich nehme ich meine Gitarrenbox gerne mit dynamischen Mikrofonen ab (Shure SM-57 ist meine erste Wahl - klassisches Mikro für diesen Zweck). Man kann ein Mikrofon nehmen, und dieses ziemlich dicht vor der Box positionieren (nur wenige Zentimeter entfernt). Richtet man es mehr auf den Rand des Speakers, sind mehr Bässe im Sound, richtet man es mehr auf die Kalotte (Mitte), so erhält man mehr Höhen. Ich nehme lieber zwei oder drei Mikrofone. Die folgende Methode geht sehr schön bei einer 4x12er-Box, läßt sich aber auch bei kleineren Kalibern anwenden. Da ich inzwischen auf 1x12er umgestiegen bin, bleibt mir wenig anderes übrig. Also, mit Mikrofon 1 nehme ich einen Speaker ziemlich am Rand ab, mit Mikrofon 2 einen anderen mehr in der Mitte. Mikrofon 3 (optional) wird eher von unten in Fußbodennähe in 50 cm oder mehr Entfernung auf die ganze Box gerichtet, für mehr Bassdruck (wenn's denn immer noch nicht reicht). Alle Mikrofone werden vor der Aufnahme zusammengemischt, und zwar Nr. 1 und 2 zu gleichen Anteilen und von Nr. 3 weniger. Dann wird das Ganze auf eine Spur aufgenommen. Ich benutze beim Aufnehmen keine Effekte, der Gitarrensound ist ganz trocken, ohne Reverb, Chorus, Delay oder irgendwas; die Effekte kommen beim Abmischen hinzu. Außerdem nehme ich sehr sehr laut auf, weil ich der Meinung bin, daß dann die Speaker besser klingen und der Sound mehr Druck hat und wuchtiger wirkt. Außerdem fallen Nebengeräusche wie Trittschall, hustende Gitarristen, klappernde Heizkörper (ja, echt!) völlig unter den Tisch.
Das einzige Problem für den Homerecorder sind dann die Nachbarn :-).
Kritische Zungen könnten jetzt behaupten, daß ich mir mit zwei oder drei Mikros doch Probleme einhandele mit Phasenauslöschungen und -verschiebungen. Sowas tritt natürlich auf. Ich möchte aber einen möglichst guten Gitarrensound aufnehmen, und der ist nicht dadurch definiert, wie wenig Phasenschweinereien er hat oder wie linear er ist. Im Gegenteil - ein Teil des charakteristischen Sounds einer 4x12er-Box rührt gerade von diesen Phasenauslöschungen her: die Einzelsignale der vier Speaker löschen sich natürlich in einigen Frequenzbereichen aus. Das macht aber auch einen Teil der Lebendigkeit der 4x12er aus. Warum soll ich das nicht versuchen, mit mehr als einem Mikro einzufangen?

Wie gesagt, dies ist nur eine Methode, eine mit der ich ganz subjektiv positive Erfahrungen gemacht habe. Wenn man bei den Aufnahmen Zeit hat, kann sich das Experimentieren lohnen!
Mit Raummikrofonen kann man die Atmosphäre eines gut klingenden Aufnahmeraums einfangen undsoweiter, jedes zusätzliche Mikrofon bedeutet aber auch mehr Aufwand.

Wenns schnell gehen soll, empfiehlt sich als Alternative zur Mikrofonierung die DI-Abnahme, auf die ich auf der nächsten Seite zu sprechen komme. Die Geräte zur DI-Aufnahme sind inzwischen so gut geworden, daß sie sich sogar teils als vollwertiger Ersatz für die Mikrofonierung anbieten. Außerdem haben sie den unbestreitbaren Vorteil, daß sich die Geräuschentwicklung in kontrollierbaren Grenzen halten läßt.

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